Stefan Michalzik / Frankfurter Rundschau
And I Love Her
Aufgeräumt wirkt sein Spiel einesteils, zugleich ist er gut für eine bestechende lyrische Qualität. Am Ende, in der Zugabe, spielt der US-amerikanische Pianist Marc Copland mit seinem Trio eine ziemlich melodieverliebte Version der Beatles-Nummer „And I Love Her“; das ist auch die Titelnummer des neuen Albums. In seiner melancholischen Leichtigkeit erinnert das von fern an die geschliffene barjazznahe Eleganz eines George Shearing und steht gar in einer Nähe zum Easy Listening. Aber nichts gegen Marc Copland, seine Klasse als Jazzpianist ist unumstritten. Spät erst kam der heute 71-jährige zum Klavier, nach Anfängen als Altsaxofonist zunächst in seiner Heimatstadt Philadelphia und in den siebziger Jahren in der New-Yorker-Loft-Szene; nach viel Duospiel, unter anderem mit dem Saxofonisten David Liebman, und einer engen musikalischen Partnerschaft mit dem 2017 verstorbenen Gitarristen John Abercrombie, hat sich Copland zuletzt verstärkt wieder dem Triospiel zugewandt. Zum in Summe mit Recht gefeierten Konzert in der ausverkauften Frankfurter Romanfabrik präsentierte sich das Trio in der Besetzung mit Copland und seinem langjährigen Weggefährten Drew Gress am Bass sowie dem Schlagzeuger Jeff Williams, der für den erkrankten Joey Baron eingesprungen ist, grundsätzlich in bester dieses Abends so bleiben. Gerade von Jeff Williams gehen zuweilen aber auch recht wuchtige Impulssetzungen aus, teils auch in Form einer Perkussion mit bloßen Händen. Im einen oder anderen Moment scheint Williams ein wenig neben der Band zu stehen, insgesamt indes spielen sich die Musiker die Bälle zu, bei aller Freiheit und solistischen Blicken ins Offene wirkt in der Behandlung von Standards wie der von Mongo Santamaria komponierten und durch John Coltrane berühmt gemachten Nummer „Afro Blue“ und Herbie Hancocks „Cantaloupe Island“ wie auch eigene Kompositionen aus der Band alles strukturell harmonisch. Schon auch mit einem Hang zur „Gepflegtheit“, doch versöhnen einen dann immer wieder Marc Coplands begnadete lyrische, bisweilen vom musikalischen Impressionismus, Stichworte Debussy und Skrjabin, geprägte Exkursionen wie die eher kommentierenden als begleitenden Linien von Drew Gress am Bass. Ernstlich Unvorhersehbares hat man nicht vernommen. Gar schwingt hier und da ein gewisser Hang zur „Gepflegtheit“ mit. Und doch weisen Marc Copland, Drew Gress und Jeff Williams am Ende auch immer wieder darüber hinaus.