Roland Spiegel
BR Klassik CD-Tipp: And I Love Her
Diese Musik groovt auf ungewohnte Art. In der Aufnahme dieses Trios schleichen sich manche Stücke subtil an. Man darf ein bisschen rätseln. Was ist das nochmal? Ein faszinierend feinstrukturierter Drive, zurückgenommen und doch voller Kraft. So spielt dieses Ensemble den Klassiker “Cantaloupe Island” von Herbie Hancock. Pianist Marc Copland, Bassist Drew Gress und Schlagzeuger Joey Baron machen daraus eine verschattet-introvertierte Version, die dennoch eine starke Energie hat. Diese Insel liegt in einer anderen Klangwelt. Es ist die sehr eigene Welt der Harmonien von Marc Copland. In seinen harmonischen Bearbeitungen erscheinen Melodien so, als nehme man sie wie durch ein Prisma wahr: Immer wieder gibt es da reizvolle Lichtbrechungen des Klangs durch Tonschichtungen, die die Melodien sanft, aber stets vieldeutig ummanteln und die Musik in einen eigenwilligen Schwebezustand versetzen. Herrlich etwa die beinahe überreichen Harmonien in dem Stück “And I love her” von den Beatles. Der Charme des Originals bleibt erhalten. Nicht gekünstelt aufgejazzt ist diese Version, sie klingt organisch. Aber sie reiht sich nicht ein in harmlos klimpernde Hit-Reproduktionen mit jazzigem Sound. Dafür ist dieses Trio zu wach in der Kommunikation. Die Töne scheinen einander zu umschleichen, mit katzenartiger Eleganz und einer leisen Kraft, die jederzeit ausbrechen könnte. Etwa in subtilen, sehr sparsamen Zutaten vom Schlagzeug hin und wieder. Ganz wenige Akzente genügen diesem vorzüglichen Dreiergespann, um etwas Eigenes zu schaffen. Das tun sie auf diesem Album auch bei Klassikern wie “Afro blue” und “You do something to me”. Und zwischendurch lassen sie auch mal die Gedanken ohne fremde Vorbilder laufen. Da spürt man erst recht, wie viel ganz eigene Schönheit im Spiel dieses Trios steckt. Jazz als Spannung der Begegnung. Vertrautes, Unvertrautes – und das Funkeln der Zwischentöne.